Bei Alba GB haben wir das Privileg, viele wunderbare Gitarrenbauer nicht nur als Gitarrenbauer, sondern auch als Freunde zu kennen. Eine dieser Freundschaften, die wir besonders schätzen, ist die mit Fernando Mazza, einem Meistergitarrenbauer, dessen Instrumente durch Kraft, Klarheit und musikalische Tiefe sprechen. Im Laufe der Jahre haben wir uns oft mit Fernando auf der Roma Guitar Expo unterhalten, die wir beide jedes Jahr besuchen, und in langen Telefonaten über Gitarren oder gitarrenbezogene Themen, und jedes Mal entdecken wir etwas Neues. Heute setzen wir diesen Dialog fort und geben einen tieferen Einblick in Fernandos Handwerk, seine Ideen und die Bauphilosophie hinter seinen außergewöhnlichen Gitarren. Wir laden Sie ein, sich diesem Gespräch anzuschließen.
Alba GB:
Fernando, es ist mir immer eine Freude, mit Ihnen zu sprechen. Jedes Mal, wenn wir uns unterhalten, erfahre ich etwas Neues über Ihre Einstellung zum Gitarrenbau. Können Sie uns erzählen, wie Ihre berufliche Reise durch verschiedene Traditionen Ihre Arbeit beeinflusst hat und wie sich diese Traditionen in den Gitarren widerspiegeln, die Sie heute bauen?
Fernando Mazza: Danke, es ist mir auch immer eine Freude
Jede Tradition, die ich studierte, bot etwas Praktisches, das meine heutige Bauweise prägte. Ich habe traditionelle Gitarren gebaut und viel daraus gelernt, aber mir wurde auch klar, dass die Gitarre, die ich bauen wollte, anders sein musste. Ich muss sagen, dass meine Hauptinspiration moderne Konstruktionen wie Gitterverstrebungen und Doppeldecken sind. Zwanzig Jahre meines Lebens habe ich damit verbracht, die klangliche und akustische Leistung von carbonverstärkten Gitarren zu erforschen und zu verbessern. Es ist wichtig zu verstehen, wie sich die Resonanzdecke verhält – wie sie vibriert, wie sie sich frei bewegt und wie sie die Energie von den Saiten auf den Korpus überträgt. In der deutschen Tradition habe ich einen sehr disziplinierten Ansatz für die innere Struktur beobachtet – jede Verstrebung, jede Verbindung, jede Oberfläche muss eine klare akustische Funktion erfüllen und die Stimme unterstützen, ohne sie einzuschränken. Das Leben und Arbeiten in Italien hat meinen Sinn für Proportionen geschärft – nicht nur optisch, sondern auch akustisch. In Italien gibt es einen ausgeprägten Instinkt für Balance: wie Form, Dicke und Designdetails zusammenwirken, um eine natürliche Musikalität zu erzeugen. Ich versuche nicht, eine bestimmte Tradition oder die Vorbilder der großen Meister der Gitarrenbaugeschichte zu kopieren. Vielmehr nutze ich diese Erkenntnisse – und meine jahrelange Forschung –, um Gitarren mit einzigartigem Charakter zu bauen, die ausdrucksstark, strukturell solide und angenehm zu spielen sind. Meiner Meinung nach ist eine gute Gitarre das Ergebnis hunderter kleiner technischer Entscheidungen, die alle im Hinblick auf Klang und Spielgefühl getroffen wurden.
Alba GB:
Worauf achten Sie bei der Materialauswahl? Können Sie ein Beispiel nennen, wie ein bestimmtes Holzstück Ihre Bauentscheidungen beeinflussen könnte?
Fernando Mazza:
Holz ist immer die erste Stimme der Gitarre. Ich verbringe viel Zeit mit jedem Stück – klopfe es sanft an, biege es, spüre die Maserung. Fichte kann je nach Wuchsform und Dichte vieles bieten. Manche Fichtenarten haben eine klare, schnelle Ansprache, was dazu einlädt, die Decke etwas dünner zu machen, um einen breiteren Dynamikumfang zu erreichen. Andere Stücke erfordern eine höhere Steifigkeit, um die Stabilität zu erhalten.
Zedernholz verhält sich anders – es hat in der Regel einen weicheren Anschlag und benötigt eine andere Beleistung, um seine natürliche Wärme ohne Verlust an Klarheit hervorzuheben. Ich habe beispielsweise kürzlich mit einem sehr leichten Stück Rotzeder gearbeitet, das so schnell reagierte, dass die Höhe der Gitterstäbe angepasst werden musste, um einen harschen Klang zu vermeiden und gleichzeitig das Bassfundament zu erhalten.
Jedes Stück Holz lehrt Sie etwas und Sie müssen bereit sein, sich daran anzupassen, anstatt ihm ein Standardmodell aufzuzwingen.
Alba GB:
Sie bauen sowohl Gitarren mit Gitterverstrebung als auch Double-Top-Gitarren. Wie entscheiden Sie, welche Struktur für eine bestimmte Gitarre die richtige ist?
Fernando Mazza:
Das hängt von der Zielstimme und den Bedürfnissen des Spielers ab. Gitarren mit Gitterverstrebungen aus kohlefaserverstärktem Balsaholz haben eine extrem reaktionsschnelle Decke, die mit minimalem Aufwand eine kraftvolle Projektion bietet. Sie eignen sich für Spieler, die Klarheit und Kraft über weite Räume benötigen. Double-Top-Gitarren, die mit einem Balsaholzkern zwischen zwei dünnen Holzschichten gebaut sind, ermöglichen noch mehr Kontrolle bei sehr geringer Dynamik, während die Kraft bei voller Lautstärke erhalten bleibt. Bei der Entscheidung zwischen den beiden denke ich an die Art der Phrasierung und Klangfarbe, die der Spieler sich wünscht. Wenn ein Spieler maximale Ausdrucksflexibilität über die gesamte Dynamik hinweg verlangt, kann die Double-Top mehr Schattierungsmöglichkeiten bieten. Wenn das Ziel maximale Kraft und unmittelbarer Anschlag ist, ist die Gitterstruktur normalerweise besser geeignet.
Alba GB:
Viele Spieler, die Ihre Gitarren ausprobiert haben, erwähnten sofort, wie angenehm und natürlich sie sich anfühlen. Auf welche Schlüsselelemente achten Sie beim Design einer Gitarre, um sicherzustellen, dass die Gitarre nicht nur gut klingt, sondern sich auch gut in der Hand anfühlt?
Fernando Mazza:
Für mich ist die Spielbarkeit genauso wichtig wie der Klang. Ich achte genau auf das Halsprofil. Es muss sich natürlich in der Hand anfühlen, nicht zu dünn, nicht zu wuchtig, sondern traditionell. Der Aufbau, also die Saitenhöhe und die Spannungsbalance, muss flüssige Bewegungen ermöglichen, ohne dass die Klangfülle darunter leidet. Auch kleine ergonomische Details wie die leichte Anpassung des Griffbrettwinkels oder die Feineinstellung der Steghöhe zur Optimierung der Saitenansprache sind mir wichtig. Alles, vom Bundwerk bis zur Korpuskontur, muss harmonieren, damit sich ein Gitarrist vertraut fühlt, selbst wenn er zum ersten Mal spielt. Komfort lässt den Spieler die Technik vergessen und sich ganz auf die Musik konzentrieren.
Alba GB: Wenn jemand zum ersten Mal eine Ihrer Gitarren spielt, wie kann er am besten ihren vollen Klang entdecken?
Fernando Mazza:
Ich empfehle Spielern immer, zunächst leise zu spielen. Überfordern Sie die Gitarre zunächst nicht – lassen Sie die Decke natürlich reagieren. Meine Gitarren sind so konstruiert, dass sie auf minimale Energie reagieren, sodass schon kleine Unterschiede im Anschlag der rechten Hand Klangfarbe, Dynamik und Projektion verändern. Indem man lernt, mit der natürlichen Bewegung der Gitarre zu arbeiten, kann man ein sehr breites Ausdrucksspektrum erschließen. Sobald diese Beziehung hergestellt ist, erscheinen die Möglichkeiten der Gitarre nahezu grenzenlos. Ich gestalte sie so, dass dieser Entdeckungsprozess so lohnend wie möglich ist.
Alba GB:
Bevor wir das heutige Gespräch beenden: Gibt es etwas Spannendes, an dem Sie gerade arbeiten und das Sie uns mitteilen können?
Fernando Mazza:
Jede Gitarre, die ich baue, bringt mir etwas bei. In letzter Zeit habe ich untersucht, wie sich durch verschiedene Techniken an Boden und Zargen die Wärme und Offenheit des Gesamtklangs subtil anpassen lassen, ohne die Projektion zu beeinträchtigen. Es ist ein sehr heikles Gebiet, aber diese kleinen akustischen Veränderungen werden sehr wichtig, sobald man sie im Spiel hört.
Ich arbeite außerdem daran, röhrenförmige Carbon-Verstärkungen im Hals zu integrieren und den Steg neu zu gestalten. Dabei integriere ich Carbon in bestimmte Bereiche, die meiner Meinung nach für die Klangentwicklung entscheidend sind. Ich stelle gerade einige Gitarren fertig, die diese Ideen deutlicher widerspiegeln, und bin sehr gespannt auf die Meinung der Musiker. Vielleicht können wir das bei unserem nächsten Gespräch besprechen.
Alba GB:
Das würde uns sehr freuen. Nochmals vielen Dank, Fernando. Es ist immer eine große Freude, mit dir zu sprechen. Diese Gespräche erinnern uns daran, warum der Bau und das Spielen von Gitarren eine so leidenschaftliche, menschliche Kunst ist.
Fernando Mazza:
Vielen Dank. Ein Gespräch mit Ihnen fühlt sich immer an, als würde man ein tolles Gespräch fortsetzen, das wir vor langer Zeit begonnen haben. Ich freue mich schon auf das nächste.
Alba GB:
Ja, und für unser nächstes Gespräch habe ich noch mehr spannende Fragen vorbereitet. Wir freuen uns darauf, euch alle in Teil 2 zu sehen!
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